Könnte das Handfunkgerät der Zukunft so aussehen?

yaesu2Die Industrie und Gerätehersteller liefern uns in regelmäßigen Abständen neue Produkte in den Amateurfunkmarkt. Zugegeben der Markt ist für sich selbst betrachtet nicht besonders groß. Dennoch wird eine große Anzahl von Handfunkgeräten verkauft obwohl viele Funkamateure schon einige Vorgängermodelle im Regal stehen haben. Wenn wir uns die Geräte jedoch näher ansehen, dann zeigte sich in den letzten Jahren ein deutlicher Trend zur Miniaturisierung. Einige neue Features kamen hinzu aber generell betrachtet bleibt ein sehr einheitliches Bild.

Meist sind es Duoband- oder Tribandgeräte, die den UKW Bereich abdecken und noch einen einfachen Radioempfänger oder Scanner beinhalten. Das Aussehen ist bei allen Herstellern verblüffend ähnlich. Ein einfaches monochromes Display mit 2 bis 4 Zeilen zur Frequenzanzeige und eine Tastatur mit 16 Tasten zur Frequenzeingabe, Bedienung und eventuell als DTMF-Geber. Seitlich angebracht ist die PTT und oben der Antennenanschluss und das externe Mikrophon. Nun könnten wir sagen, dass dies ein „bewährtes“ Konzept darstellt, doch wer in der Wirtschaft das Wort „bewährt“ hört, wird zu Recht das Wort „alt“ damit verbinden. Das oben beschriebene Aussehen eines Handfunkgerätes hat sich seit den 80er-Jahren nicht sehr verändert und kann als nicht mehr zeitgemäß angesehen werden. Als Vergleich mögen die Mobiltelefone dienen. Sie haben sich in Aussehen und Funktionalität massiv verändert, obwohl das alte Tastentelefon sicherlich als „bewährt“ bezeichnet werden kann.

Angeregt durch das Titelbild der QSP 6/2010, das zugegeben der kreativen Hand des Fotografen mithilfe von digitaler Bildbearbeitung entstammte, kam es erfreulicherweise zu einer hohen Anzahl von Anfragen an die Redaktion. Viele Funkamateure haben sich erkundigt, wann und wo das neue Gerät zu haben wäre und wie viel Geld es kosten wird. Das zeigt, dass die aktiven Funkamateure sehr an einer Innovation interessiert sind. Das Spezifikationsblatt dieses neuen Funkgerätes könnte ungefähr so aussehen:

  • • Duoband oder Triband (2m,70cm und optional 6m oder 23cm) FM, DRM, DV
  • • Wideband Empfang WFM, FM, AM
  • • Ausgangsleistung 2-5Watt
  • • Bedienung mittels Touchscreen
  • • Farbiges TFT-Display 3,5 Zoll, 320 x 480 Pixel
  • • Offenes Betriebssystem (Android, WindowsMobile)
  • • Bluetooth und WiFi
  • • GPS Empfänger integriert
  • • APRS Modem (programmierbarer DSP)
  • • Kamera (SSTV) und microSD-Kartenslot
  • • Diverse Sensoren (Temperatur, Luftdruck, Spannung, Helligkeit)
  • • Anschlüsse für Antenne und externes Lautsprechermikrophon
  • • Li-Akku

 

Die Bedienung mittels berührungsempfindlichen Displays bietet viele Vorteile und vermeidet das Anbringen von vielen dreifach belegten Tasten oder Knöpfen. Gleichzeitig kann die Oberfläche individuell gestaltet werden und jeder Funkamateur kann sich die Funktionen nach seinen Bedürfnissen auf dem Bildschirm zusammenstellen. Diese Touchdisplays sind industrielle Fertigware, relativ billig und standardisiert, d.h. es handelt sich nicht um eine Sonderanfertigung für den Amateurfunkmarkt sondern die Stückzahlen sind vom Mobiltelefonmarkt ausreichend groß. Die farbige Darstellung erlaubt Panoramadarstellungen des Scannerbereichs oder eine Kartendarstellung bei APRS. Mit integrierter Kamera wäre sogar SSTV-Betrieb denkbar.

Auch der Sendeempfänger könnte zeitgemäß als SDR ausgeführt werden, d.h. die Frequenzbereiche und Modulationsarten sind in weiten Bereichen nur durch die Software definiert.

Ein offenes Betriebssystem, wie z.B. Android oder Windows Mobile hat die Mobiltelefone revolutioniert. Die Hersteller liefern nur noch Geräte mit den Standardfunktionen aus und die Nutzer laden sich zusätzliche Funktionen in Form von Anwendungsprogrammen (Applications oder kurz APPS genannt) auf das Gerät. Dazu sind im Internet Programmierbaukästen, sog. SDKs frei verfügbar. Dies würde eine Unzahl von amateurfunkspezifischer Software für unsere Handfunkgeräte erzeugen und dem Experimentalfunkdienst entgegenkommen. Ein einfacher DSP-Chip könnte per Software als APRS Modem oder als DTMF-Geber oder als Selektivruf genutzt werden. Die Verwendung wäre wesentlich flexibler und es würde eine Reihe von herkömmlichen Hardwarebauteilen wegfallen. Mithilfe der schon heute oft in Funkgeräten oder Mobiltelefonen enthaltenen Sensorik (Bewegungs/Lagesensor, Temperatur, usw.) könnte man Umwelteinflüsse als Telemetrie übertragen, was im Notfunk interessant sein könnte, oder eine tragbare Wetterstation realisieren. Der heute in vielen Mobiltelefonen standardmäßig eingebaute unsichtbare GPS Empfänger lässt die derzeitigen GPS-Lösungen mancher bekannter Amateurfunkhersteller wie aus der Steinzeit aussehen.

Natürlich sollte eine Verbindung zum Internet nicht fehlen. Kommunikationsmöglichkeiten via WiFi (WLAN) erlauben es den DX-Cluster, Google oder die Website des Ortsverbandes aufs Display zu bringen. Gleichzeitig wäre mit diesen Handgeräten eventuell auch eine Teilnahme am HAMNET auf 2,4 GHz denkbar. Die Bluetoothverbindung kommt im selben Chipset und ermöglicht das drahtlose Headset oder die Anbindung an den PC. So kann man die Speicherbelegung bequem editieren und neue Software (Apps) laden oder das DSP Modem statt Soundcard-Software verwenden.

Dass dies nicht totale Spinnerei und Illusion ist, zeigt uns die Mobilfunkindustrie jedes Monat aufs Neue. (Siehe IPhone, HTC, Blackberry, Milestone, Samsung) Ein Quadbandgerät (4 Bänder) mit Multifunktionsdisplay, Kamera, GPS, Wifi, Bluetooth, Modem, Android und 4 GB Speicher kostet ca. 350-400 Euro.

Einziger Nachteil: man kann es nicht „blind“ bedienen, weil man die Tasten nicht ertasten kann. Aber das würde ich ertragen, wenn ich ein modernes Multifunktionsgerät wie oben beschrieben bekommen könnte.

Wer ähnlich denkt sollte eventuell den Geräteherstellern eine Email schreiben und sie aufwecken!

vy 73 de Mike

von Ing. Michael Zwingl, OE3MZC