Funkamateure stellen sich vor: Zu Besuch bei bayerischen Amateurfunkern.

DL4TTB Maggie, hat uns diesen Bericht geschickt der in der Welt erschienen ist, indem über sie persönlich und Dr. Rohde berichtet wird. Viel Spass beim Lesen…..

In Zeiten von Facebook und Twitter wirken Amateurfunker wie Dinosaurier. Doch Menschen wie Ulrich Rohde stört das nicht. Er wartet gerne stundenlang auf ein Signal – und ihm schließen sich immer mehr Menschen an.

„Good Morning!“ „Good Morning!“ Der Mann erzählt, dass es in Australien gerade ziemlich nass ist. Und Maas, dass in München die Sonne scheint. „Was für ein wunderbarer Start in den Tag, dass diese Verbindung geklappt hat“: Maggie Maas’ Stimme rutscht ein paar Oktaven höher, so freut sie sich. „Great“, sagt der Mann. „Wonderful“, sagt Maggie Maas, eine schlanke Frau mit blonden Haaren, schwarzem Rock und Blümchenshirt. Geschäftsführerin einer Uhrenmanufaktur. Und: Amateurfunkerin wie rund 75.000 Menschen in Deutschland. Funkerin?In Zeiten von Facebook und Twitter ist die Welt klein geworden. Revolutionen beginnen heute im Internet. Oder Liebesgeschichten. Wer eine Frage hat, bekommt die Antwort von Google. Warum setzen sich Menschen also noch stundenlang vor ein Gerät, um von irgendwoher ein Signal zu empfangen?Im 19. Stock eines Hochhauses im Münchner Süden sitzt Maggie Maas in einem Zimmer, das nach altem James-Bond-Film aussieht. Vor ihr steht ein gutes Dutzend graue Kästchen mit kleinen Displays, Drehknöpfen, vielen Schaltern. Alles Funkanlagen. An der Wand hängen Karten, auf denen die Welt in kleine Quadrate eingeteilt ist. Über diesem Raum ist bloß noch der Himmel und eine Antenne, sieben Meter hoch. Das alles gehört Ulrich Rohde, den Maggie Maas nur den „Herrn Professor“ nennt.

Rohde besitzt eine Wohnung und ein Haus für sein Hobby. Der „Herr Professor“ sitzt 60 Kilometer südlich vor einem Stück Käsekuchen auf seiner Terrasse mit Ausblick auf den Staffelsee. „Käsekuchen“, sagt er und klopft mit seiner Gabel darauf, „ist heikel.“ Oben müsse er etwas braun sein und innen etwas bitter schmecken. „Aber der ist gut.“ Ulrich Rohde, 78 Jahre alt, ein Mann mit weißem Haar und eckiger Brille, könnte man wohl als Bayerns obersten Amateurfunker bezeichnen. Die Wohnung in München, das Haus am Staffelsee – mit fünf Antennen auf dem Dach, einer auf dem Balkon, einer im Baum und einer in einer 14 Meter hohen Fahnenstange – besitzt er im Prinzip nur für sein Hobby. Maggie Maas und ihre Funkerfreunde können beides nutzen. Denn Rohde lebt eigentlich in Amerika und kommt nur ein paar Mal im Jahr nach Bayern.

Prof. Ulrich L. Rohde

Urlich Rohde lebt eigentlich in Amerika. Seine Funkerfreunde dürfen seine Stationen dann mitbenutzen. Quelle: Hans-Rudolf Schulz

Ich bin als junger Mann vor meinem Vater geflüchtet“, sagt er. Sein Vater Lothar Rohde gründete zusammen mit Hermann Schwarz den Elektronikkonzern „Rohde & Schwarz“, der heute mehr als 10.000 Mitarbeiter hat. Ulrich Rohde sagt, er wollte nicht mehr länger nur der Sohn von jemanden sein, er wollte sein eigenes Leben aufbauen und ging nach Amerika. Mehr als 40 Jahre ist das her. In den USA leitete er eine Tochterfirma von Rohde und Schwarz. Aber er hörte auf, als es Spannungen mit dem Vater gab: „Am besten verstanden wir uns beim Funken.“

Als Amateurfunker sind Rohde und Maas Teil einer eigenen Welt, in der viel vom Zufall abhängt. Bis man jemanden findet, mit dem man sich per Funk unterhalten kann, muss man erst einmal suchen – nach der richtigen Frequenz, so ähnlich wie beim Radio. Und dann trifft man auf die unterschiedlichsten Menschen auf der ganzen Welt.

Einmal habe er mit dem Prinzen von Jordanien gefunkt, sagt Rohde. Über was sie sich unterhalten haben? „Über unsere Ausrüstung.“ Wer hat die größere Antenne, die bessere Anlage. Religion, Politik, Streit – all das sei in dieser Welt tabu, in der es sogar eine eigene Sprache gibt. Bevor sich Amateurfunker wie Maggie Maas und Ulrich Rohde mit ihrem Namen vorstellen, nennen sie ihr Funkzeichen. DL4TTB – Delta Lima Four Tango Tango Bravo. N1UL – November One Uniform Lima. 73 steht für viele Grüße, 55 für viel Erfolg.

Rohde funkt, seitdem er 16 Jahre alt ist. Damals lag er mit einer Blinddarmentzündung im Krankenhaus und sein Vater brachte ihm ein Radio mit. Seinem Hobby, sagt er, habe er viel zu verdanken. Ende der 70er-Jahre sollte er einmal einen Vortrag über Funktechnik an der University of Florida halten. Danach bot ihm die Uni eine Professur an. Heute lehrt er an vier Universitäten in Deutschland, Rumänien und den USA als Professor Elektrotechnik und Mikrowellentechnik. Außerdem ist Rohde Unternehmer und ein Erfinder, hält mehrere Dutzend Patente. Er mag es, zu tüfteln und Probleme zu lösen. Am liebsten solche, an denen andere gescheitert sind: „Meistens haben die Leute eben nicht den Antrieb oder die Kraft, sich durchzubeißen“, meint er.

Maggie Maas kam ganz anders zum Funken – durch das Segeln. Vor mehr als zehn Jahren nahm sie an Regatten quer durch die Karibik teil. Das Telefon funktionierte an Bord oft nicht, also musste sie auf ein anderes Kommunikationsmittel zurückgreifen. So wie alle Amateurfunker legte Maas eine Prüfung bei der Bundesnetzagentur ab. Früher in der Schule, sagt sie, sei Physik eine einzige graue Wolke in ihrem Kopf gewesen. Ohmsches Gesetz, Stromkreisläufe, Schallwellen, Frequenzen – alles ein Brei. Sie verstand nichts und fand das auch nicht schlimm. 

Alle Amateurfunker müssen eine Prüfung machen. Für die Funker-Prüfung musste sie all das noch einmal lernen. Wenn ihr das früher jemand besser erklärt hätte, meint Maas, hätte sie vielleicht einen ganz anderen Weg im Leben eingeschlagen. „Heute löte ich auch mal gerne mit den Funkerjungs.“ In ihrer Handtasche hat Maas vier verschiedene Mobilfunkgeräte, alle haben eine kleine Antenne. Auch in ihrem Auto ist eine Funkanlage eingebaut.

Wie die meisten Funker ist Maggie Maas Mitglied im Deutschen Amateur-Radio-Club. Jeden zweiten Dienstag trifft sie im Wirtshaus am Rosengarten im Münchner Westpark andere Amateurfunker. Ein paar Männer essen Burger, Maas trinkt Cappuccino. Der Ortsverband München Süd sei der größte in ganz Deutschland, sagt Rainer Englert, der Vorsitzende.

178 Mitglieder. Ein Mann mit weißen Haaren steckt ihm einen gefalteten Zettel zu – sein ausgefüllter Mitgliedsantrag. „Das ist Nummer 179“, sagt Englert und klingt unheimlich zufrieden. Er ist 57 Jahre alt, Ingenieur, trägt ein hellblaues Poloshirt. Über der linken Brust steht Rainer, darunter DF2NU, sein Rufzeichen. Fühlt er sich in Zeiten von Internet und Smartphones mit seinem Hobby wie ein Dinosaurier? Englert seufzt. „Ja, die Technik wurde vor 100 Jahren entwickelt. Aber wenn es danach geht, wäre Musikspielen doch noch altmodischer.“

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Quelle: www.welt.de